Kinder im Straßenverkehr

Kinder im Straßenverkehr GTÜ

Kinder sind im Straßenverkehr besonders gefährdet. Deshalb gelten hier spezielle gesetzliche Regelungen.

Die ersten Schritte dieses Lernprozesses erfolgen üblicherweise als Fußgänger und als Radfahrer. Um die Gefährdung gering zu halten, schreibt der Gesetzgeber vor, dass Kinder bis zum 8.Lebensjahr von der Fahrbahn und vom Radweg ausgeschlossen sind. Dies bedeutet, dass sie grundsätzlich einen Gehweg benutzen müssen. Nur wenn ein solcher fehlt, dürfen sie die Fahrbahn benutzen. Kinder zwischen dem 8. und dem 10. Lebensjahr dürfen wahlweise einen vorhandenen Gehweg oder einen Radweg, bzw. wenn auch ein solcher fehlt, die Fahrbahn benutzen. Kinder über 10 Jahre dürfen einen Gehweg nicht mehr befahren. Beabsichtigt ein den Gehweg mit dem Fahrrad befahrendes Kind die Fahrbahn zu überqueren, so muss es hierzu vorher grundsätzlich absteigen. Verletzt das Kind eine solche Vorschrift und kommt es dadurch zum Unfall, stellt sich insbesondere die Frage nach der Haftungspflicht.

Ein flüchtiger Blick auf das Gesetz lässt vermuten, dass Kinder, die noch nicht das zehnte Lebensjahr vollendet haben, für von ihnen verursachte Verkehrsunfälle nicht haften müssen. Dem Grunde nach trifft dies zu, da § 828 BGB bestimmt, dass Kinder, die das siebente Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für einen von Ihnen verursachten Schaden gar nicht verantwortlich gemacht werden können und Kinder bis zur Vollendung des 10.Lebensjahres für einen Schaden, der durch einen Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder Schwebebahn verursacht wurde, ebenfalls nicht zur Verantwortung gezogen werden können. Der Gesetzgeber trägt damit dem bereits erwähnten Umstand Rechnung, dass Kinder in diesem Alter noch nicht in der Lage sind, die besonderen Gefahren des motorisierten Straßen- und Bahnverkehrs zu erkennen und sich entsprechend zu verhalten.

Dies bedeutet aber noch nicht, dass der Autofahrer deshalb zwangsläufig immer der „Dumme“ ist und auf seinem Schaden sitzen bleibt. Verursacht ein Kind im Alter zwischen 7 und 10 Jahren einen Schaden vorsätzlich, wie es z.B. bei steinewerfenden Kindern denkbar ist, haften diese hierfür wieder in vollem Umfang. Der gesetzliche Haftungsausschluss zugunsten Kindern unter 10 Jahren gilt im Übrigen nicht bei Verkehrsunfällen mit nicht motorisierten Fahrzeugen (z. B. einem Fahrrad oder einem Fußgängern). Zudem besitzen auch die Erziehungsberechtigten kraft Gesetzes eine Aufsichtspflicht. Verursacht ein aufsichtspflichtiges Kind einen Schaden, ist stets auch zu prüfen, ob nicht auch eine Haftung der Erziehungsberechtigten wegen Verletzung der Aufsichtspflicht in Betracht kommt. Das Gesetz vermutet hierbei zunächst das Vorliegen einer Aufsichtspflichtverletzung, lässt aber den Erziehungsberechtigten einen Entlastungsbeweis in zwei Richtungen offen:

a) Eine Haftung der Eltern wegen der Aufsichtspflicht kommt nicht in Betracht, wenn sie den Nachweis führen, diese erfüllt zu haben.

b) Die Haftung entfällt auch, wenn nachgewiesen wird, dass der gleiche Schaden bei ordnungsgemäßer Beaufsichtigung des Kindes ebenfalls eingetreten wäre.

Bei Kindern/Jugendlichen, die das zehnte Lebensjahr, aber noch nicht das 18.te Lebensjahr vollendet haben, kommt es für deren Haftung auf die Einsichtsfähigkeit an. Es ist daher im Rahmen der Haftung zu fragen, ob der Jugendliche die zur Erkenntnis seiner Verantwortlichkeit erforderliche Reife besaß, mit anderen Worten, ob er wusste oder hätte wissen können, dass er nicht wie geschehen hätte handeln dürfen. Hierbei kommt es aber auf die konkrete geistige Reife des einzelnen Jugendlichen an – man kann somit zum Beispiel nicht generell behaupten, ein 16-jähriger müsse stets wissen, wie er sich im Straßenverkehr zu verhalten habe. Unabhängig von der offenen Frage nach der Erstattung seines Schadens nach einem Verkehrsunfall mit einem Kind, sollte der verantwortungsbewusste Autofahrer immer in Bremsbereitschaft sein, wenn er Kinder oder Jugendliche im Straßenverkehr entdeckt.

Es empfiehlt sich, folgenden Grundsatz zu beachten: „Besser vorher mit dem Unerwarteten (zum Beispiel dem auf die Fahrbahn laufenden Kind) rechnen, als später das Erwartete (zum Beispiel Schadensersatz) nicht zu erhalten!“. Kinder unter 14 Jahren sind für verkehrswidriges Verhalten weder straf-, noch bußgeldrechtlich belangbar. Ein Jugendlicher über 14 kann für Verfehlungen im Straßenverkehr bestraft werden, wenn er „vorwerfbar“ gehandelt hat. Dies bedeutet, er muss zur Tatzeit nach sittlicher und geistiger Entwicklung reif genug gewesen sein, das Unrecht seines Handelns einzusehen und hätte nach dieser Einsicht handeln müssen – mit anderen Worten: er wusste oder hätte wissen können, wie er sich legal in der konkreten Situation verhalten musste!

Nimmt man Kinder im Pkw mit, die jünger als 12 Jahre und kleiner als 150 cm sind, müssen diese durch amtlich genehmigte Rückhalteeinrichtungen (beispielsweise den legendären „Maxi-Cosi“ bei Säuglingen, Kindersitze oder Sitzerhöhungen) gesichert sein. Bei Fahrzeugen mit nicht deaktivierbaren Front-Airbags sollten Kinder verständlicherweise auf den Rücksitzen transportiert werden. Kinder unter 7 Jahren dürfen im Übrigen auf Fahrrädern befördert werden, wenn der Fahrer mindestens 16 Jahre alt ist und für die Kinder besondere Sitze vorhanden sind, mit denen ein Kontakt zwischen Kindesbeinen und Speichen vermieden wird.

Rechtsanwalt Michael Winter, Kornwestheim

Donnerstag, Mai 09, 2024