Mobile Geschwindigkeitsmessungen...

Mobile Geschwindigkeitsmessungen... Foto: STUTTGART EXPRESS

... und mögliche Fehler. Nicht jeder Blitzer arbeitet korrekt. Wer geblitzt wurde, ist nicht ganz schutzlos.

Geschwindigkeitsmessungen mittels Radar-, Lichtschranken- oder Lasermessgeräten sind in der Rechtsprechung als sogenannte standardisierte Messverfahren anerkannt, so dass ein Betroffener, der sich gegen einen Bußgeldbescheid zur Wehr setzen möchten, in der Regel konkret darlegen muss, warum die konkrete Messung „falsch“ sein soll. Ohne die Zuhilfenahme eines Verkehrsrechtsexperten scheint ein solches Unterfangen mittlerweile fast aussichtslos.

1. Voraussetzung...
für die Verwertbarkeit einer Geschwindigkeitsmessung ist bei allen Geräten, dass das Messgerät zum Zeitpunkt der Messung über eine gültige Eichung verfügte, der Messbeamte eine ordnungsgemäße Ausbildung für das verwendete Messgerät besaß und das Gerät auch entsprechend den Bedienungsanleitungen des Herstellers benutzt wurde. Ein beauftragter Rechtsanwalt wird daher zunächst Akteneinsicht beantragen und vor allem den Eichschein überprüfen, das Messprotokoll anfordern, um festzustellen, ob die nach den Herstellerrichtlinien erforderliche Tests durchgeführt wurden bzw. sonstige Aufstell- oder Bedienungsfehlergemacht wurden. Zudem wird ein erfahrener Rechtsanwalt auch stets das Reparaturbuch anfordern, um festzustellen, ob am Messgerät die Eichgültigkeit beeinflussende Reparaturen durchgeführt wurden.

2. Radarmessung
a. Die Radarmessung basiert auf dem sogenannten und wohl jedermann bekanntem Dopplereffekt.
b. In der Praxis werden vorrangig die Geräte Mesta 208, Traffipax und Multanova 6F verwendet.
c. Der Messbeamte hat bei der Auswahl des Messortes zu berücksichtigen, dass sichergestellt ist, dass die Messimpulse, die zur Bildung der angezeigten Messung führten, auch tatsächlich vom im Beweisbild abgelichteten Fahrzeug stammen.
d. Ein möglicher auftretender Messfehler kann die Folge einer sogenannten Knickstrahlmessung sein. Hierbei wird der Radarstrahl anhand eines im Hintergrund befindlichen Reflektors (Bsp. Leitplanke) abgelenkt und trifft auf ein anderes Fahrzeug und misst dessen Geschwindigkeit.
e. Doppelreflektionsfehlmessung (Triple –Spiegelfehlmessung) Hierbei kommt es zur Anzeige einer exakt doppelt so hohen Geschwindigkeit wie das Fahrzeug fuhr. Ein solches Phänomen tritt auf, wenn der Radarstrahl auf die Front oder das Heck eines Fahrzeugs trifft und von dort nach dem Gesetz „Einfallswinkel = Ausfallswinkel“ reflektiert wird. Trifft der so reflektierte auf einen sogenannten Triple-Spiegel, wie dies beispielsweise bei einem Fenstersims oder einem Brückenbauwerk gegeben ist, gelangt der Radarstrahl auf dem gleichen Weg zurück zum Fahrzeug und wird dann zur Radarsonde zurückreflektiert.

3. Lichtschrankenmessung
a. Beim Lichtschrankenmessverfahren beruht das Messprinzip auf einer Weg-Zeitmessung. Von einem Lichtwerfer aus verlaufen Lichtstrahlen im rechten Winkel über die Fahrbahn. Durchfährt das Fahrzeug mit der Vorderfont den ersten Lichtstrahl werden zunächst zwei Messungen gestartet. Die erste Messung endet, wenn das Fahrzeug den zweiten Lichtstrahl mit der Vorderfront durchfährt und die zweite Messung endet, wenn das Fahrzeug die dritte Lichtschranke unterbricht (bildlich gesprochen also, wenn es „dunkel“ wird). Anhand der vorgegebenen Entfernung der Lichtstrahlen wird so nach einer Weg-Zeit-Berechnung die Geschwindigkeit ermittelt. Zur weiteren Sicherheit erfolgt zudem zusätzlich eine zweimalige Messung, wenn das Fahrzeug mit dem Heck die Lichtstrahlen durchquert, es also wieder „hell“ wird.
b. Eine mögliche Fehlerquelle hierbei kann eine sogenannte Abtastfehlmessung sein. Eine solche kann insbesondere dann auftreten, wenn zwei Fahrzeuge nahezu zeitgleich in den Strahlenbereich einfahren und zwischen dem Heck des ersten Fahrzeugs und der Front des zweiten Fahrzeugs keine Lücke besteht.
c. Sogenannte Aufstellfehler, wobei als Folge die Lichtstrahlen nicht rechtwinklig über die Fahrbahn verlaufen, werden in der Praxis zwar öfters beobachtet, führen aber letztlich sogar zu einer niedrigeren Geschwindigkeitsanzeige.
d. Da die sogenannte Totzeit des Geschwindigkeitsmessgerätes (Reset-Zeit nach Auslösung) geringer ist als die des Fototeils, kann es beim Hineinfahren von mehreren Fahrzeugen in sehr kurzen Abständen zudem dazu kommen, dass das Foto des zweiten Fahrzeugs erst zu einem Zeitpunkt ausgelöst wird, indem sich das dritte Fahrzeug erst im Bereich der Lichtschranken befindet. Folge wäre, dass die gemessene Geschwindigkeit dem falschen Fahrzeug zugeordnet würde.
e. Mögliche Messfehler beruhen des öfteren auch auf der Tatsache, dass eine mögliche Straßenneigung dem Messgerät nicht angepasst wurde. Hierzu ist nämlich der Einsatz einer Neigungswasserwaage erforderlich, da nur so gewährleistet wird, dass die Lichtschranken der jeweiligen Straßenneigung richtig angepasst werden. Eine fehlerhafte Nivellierung kann Fehlmessungen bis zu 1 km/h verursachen, was vor allem dann von Bedeutung sein kann, wenn sich die vorgeworfene Geschwindigkeitsüberschreitung z.B. im Grenzbereich zu einem Fahrverbot bewegt.

4. Lasermessung
a. Das Lasermessprinzip beruht auf der Messung der Übertragungszeit kurzer Infrarotlichtimpulse.
b. Das wohl bekannteste Lasergerät ist das sogenannte „Riegl FG 21-P“.
c. Bis vor kurzem wurden in der BRD nur Lasergeräte ohne eine fotografische Dokumentation eingesetzt. Die Folge war (und ist), dass für die Richtigkeit der Messung kaum objektive Nachweise zur Verfügung stehen. Man ist bei der Überprüfung der Richtigkeit der Messung weitestgehend auf die Aussagen des Messbeamten angewiesen. Hierbei dreht sich der Streit primär um die Frage, ob es sich beim anvisierten Fahrzeug um einen „Einzelfahrer“ handelt. Denn der wirksame Messbereich wird umso größer je weiter das anvisierte Fahrzeug vom Messbeamten entfernt ist. So beginnt in der Regel bereits ab einer Messentfernung von 250 m der Messbereich über das anvisierte Fahrzeug hinauszugehen. Befindet sich nun ein anderes Fahrzeug während des gesamten Messvorgangs in diesem möglichen Messbereich, so darf die Messung eigentlich nicht verwertet werden. Allerdings behauptet in der Praxis fast jeder Messbeamte, dass es sich im konkreten Fall um einen Einzelfahrer handelte.
d. Um dieses Problem zu umgehen, wird neuerdings ein von der Firma Leica entwickeltes Lasergerät zum Einsatz gebracht. Dieses ist mit einer fotografischen Dokumentation ausgestattet, so dass nunmehr der tatsächliche Messbereich kontrolliert werden kann. Befindet sich während des gesamten Messvorgangs auch ein anderes Fahrzeug im aktiven Messfeld, dann liegt eine objektiv nachweisbare unverwertbare Messung vor, da nicht geklärt werden kann, von welchem Fahrzeug die angezeigte Geschwindigkeit verursacht wurde.
e. In seltenen Fällen kann es bei der Lasermessung auch zu sogenannten Stufenprofilfehlmessungen kommen. Trifft nämlich der Laserstrahl zeitgleich auf zwei ähnlich gute Reflektoren eine Fahrzeugs, die sich in Strahllängsrichtung in unterschiedlicher Entfernung zum Messgerät befinden, können sich die beiden reflektierenden Laserimpulse überlagern und so die erwähnte Stufenprofilfehlmessung auslösen.
f. Zudem sind Lasermessungen bei Nässe kritisch zu hinterfragen. Denn auch eine nasse Fahrbahn kann einen Reflektor darstellen und falls sich in unmittelbarer Nähe des anvisierten Fahrzeugs ein zweites Fahrzeug befindet, besteht unter Umständen die Möglichkeit, dass in Wahrheit die Geschwindigkeit dieses zweiten Fahrzeugs gemessen wurde.

5. Schwer verständlich, was nun?
Aufgrund der Komplexität des dargestellten Sachverhalts empfiehlt es sich für jeden, der die Richtigkeit einer Messung bezweifelt, die Hilfe eines Verkehrsrechtsexperten in Anspruch zu nehmen. Für jeden Verkehrsteilnehmer und insbesondere für Vielfahrer, empfiehlt es sich daher nicht ohne eine entsprechende Rechtsschutzversicherung am Straßenverkehr teilzunehmen. Oft kann eine Überprüfung der Geschwindigkeitsmessung und eine Korrektur der vorgeworfenen Geschwindigkeit um nur wenige „km/h“ darüber entscheiden, ob man den Führerschein abgegeben muss oder nicht.

Rechtsanwalt Michael Winter, Kornwestheim

Freitag, Mai 10, 2024