Nissan Leaf: Silence ist golden

Nissan Leaf: Silence ist golden STUTTGART EXPRESS

Unspektakuläres Design, hohe Alltagstauglichkeit und eine kompletten Ausstattung – so will Nissan mit seinem sein E-Mobil Leaf punkten.

In den USA und Japan wurden bereits jeweils über 10.000 Stück verkauft – allerdings versüßen dort bis zu 7.500 $ Steuervergünstigung die Entscheidung für den alternativen Antrieb.

Die Einweisung durch Nissan-Verkaufsleiter René Rading von Ditting Cars in Asperg ist kurz – bis auf die Ladeprozedur sowie einiger besonderer Anzeigen im Cockpit und Hinweisen zur möglichst batterieschonenden Fahrweise gibt es nichts Besonderes zu beachten. Der Innenraum ist dank großer Glasflächen und der beigen Ausstattung hell und freundlich; demnächst ist der Leaf aber auch mit dunklen Bezügen erhältlich. Fahrer und Passagiere genießen vorn und hinten viel Platz und jede Menge Kopffreiheit, dazu sitzen alle auf angenehm straffen und bequemen Sitzen. Die Verarbeitung ist untadelig, alles fühlt sich hochwertig an, sehr penible Fugen und Spaltmaße an Karosserie und im Innenraum zeugen vom Bestreben um eine hohe Qualität und Anmutung. Die Bedienung gibt keinerlei Rätsel auf – alle Knöpfe und Schalter sitzen da, wo man sie erwartet.

Hauptsorge jedes Elektroneulings ist die Frage „Wie weit komme ich noch?“ bzw. „Wo kann ich aufladen?“. Nissan gibt dem Fahrer gleich auf 2 Wegen Antworten (und damit Sicherheit): Zum einen wird im elektronischen Display ständig der Ladezustand der Akkus, der Stromverbrauch der persönlichen Fahrweise sowie die aktuelle Reichweite angezeigt. Außerdem informiert der Bordcomputer vernetzt mit dem Navigationssystem auf Wunsch über die Ladestationen am aktuellen Standort oder auch am Ziel einer eingegebenen Route – das beruhigt ungemein. Die zentral im Cockpit angeordnete Einheit verdient Lob: Das große Display ist auch im hellen Sonnenlicht gut ablesbar und die Benutzerführung durch die umfangreichen Menüs ist angenehm intuitiv geraten. Obwohl Bordcomputer, Navigation, Kliamaanlagentimer (ermöglicht das zeitgesteuerte Heizen oder Kühlen, solange das Auto noch an einer Ladestation hängt) sowie das „Carwings“ genannte onlineunterstütze Telematiksystem und die hervorragende Multimediaanlage via Touchscreen gesteuert werden, findet man sich überraschend schnell zurecht, ohne das umfangreiche Handbuch zu Rate zu ziehen.

Alles klar also, es kann losgehen: Den kleinen Knubbel auf der Mittelkonsole auf „N“ und der Leaf setzt sich in Bewegung. Völlig lautlos. Mehr Druck aufs Gaspedal und das Elektromobil beschleunigt nachdrücklich. Völlig lautlos. Der Elektromotor liefert die volle Leistung ab Leerlaufdrehzahl und dreht turbinenartig hoch. Ergebnis: Beim Ampelsprint hat man sehr häufig die Nase vorn und ist in der Stadt häufiger (und schneller) auf Tempo 70, als es sein sollte – der kräftige Durchzug, fehlende Schaltrucke der einstufigen Automatik sowie fehlende Motorengeräusche sind dafür verantwortlich. Zum Glück wird die aktuelle Geschwindigkeit in einem zusätzlichen Display oben auf dem Cockpit angezeigt – da muss man ein Auge drauf haben. Die Servolenkung ist relativ leichtgängig, die Rückmeldung ausreichend. Der Leaf ist eher komfortabel abgestimmt – trotzdem liegt das Auto sehr satt auf der Strasse. Verantwortlich ist der sehr tiefe Schwerpunkt, da die Batterien im Fahrzeugboden verbaut wurden. Wer den Rückwärtsgang wählt, bekommt automatisch die Ansicht der serienmäßig verbauten Heckkamera auf das große Display – das erleichtert das Einparken und Rangieren ungemein.

Nach sehr kurzer Eingewöhnung zieht man also ziemlich flott seine Bahnen. Auf der Landstraße fällt das insgesamt sehr geringe Geräuschniveau noch mehr auf: Bei Tempo 100 rauscht man mit offenen Fenstern durch die Landschaft und stellt fest, dass die Abrollgeräusche der Reifen lauter sind als der ganze Rest vom Auto. Dafür ist auch der sehr gute cw-Wert von 0,29 verantwortlich: selbst die Scheinwerfer wurden optimiert, um dem Fahrtwind möglichst wenig Widerstand zu bieten – im Sinne einer möglichst großen Reichweite. Stichwort Reichweite zum Ersten: Der Leaf verfügt über einen Eco-Modus, der zwar die Motorleistung nicht senkt, aber das Ansprechverhalten im Sinne einer möglichst geringen Akkubeanspruchung optimiert. Uns hat das nicht besonders gefallen – aus der flotten Familienlimousine wird so ein ziemlich lethargisches Elektromobil, dass Dynamik und Fahrspaß vermissen lässt. Zum Kilometerfressen bei Richtgeschwindigkeit auf der Autobahn ist der Ecomodus aber ganz hilfreich. Stichwort Reichweite zum Zweiten: Mindestens genauso stark wie ständiges Beschleunigen und Abbremsen (obwohl die Bremsenergie via Rekuperation den Akku wieder auflädt) senken heftige Stromverbraucher wie Klimaanlage oder Heckscheibenheizung die Reichweite spürbar – das können schnell 30 oder sogar mehr Kilometer sein. Und wenn der Akku leer ist, sind via Ladekabel unter dem kleinen Deckel mit dem blauen Nissan-Logo entweder 13 Stunden an einer handelsüblichen 220 V-Steckdose (wovon abzuraten ist), mit einem speziellen Ladegerät für zu Hause 8 Stunden oder 3 Stunden an einer öffentlichen Ladestation fällig (80 % der Batteriekapazität sind dort in 30 min geschafft).

Klimaanlage und Heckscheibenheizung sind natürlich trotzdem serienmäßig – wie jede Menge weiterer Features: 16" Leichtmetallfelgen, 2 Lade-Anschlüsse für Wechselstrom 3.3 kW und Gleichstrom 50 kW, 6 Airbags, Außenspiegel elektrisch einstell-, anklapp- und beheizbar, CD mp3 AM/FM-Radio mit USB-, iPod- und Audioeingang, Elektronisches Stabilitätsprogramm (ESP), Fahrlichautomatik, Intelligent Key, Klimaautomatik inkl. Pollenfilter, Lenkradfernbedienung und Freisprecheinrichtung, Multimedia-System mit 7-Zoll-Touchscreen, Navigation, Rückfahrtkamera, Regensensor…alles serienmäßig. In der Aufpreisliste finden sich konsequenterweise nur noch ein Solarzellenpaket für den Dachspoiler (300,- €), Metalliclacke (550,- €), ein Winterpaket (Sitz- und Lenkradheizung für 330,- €) sowie Fußmatten und Zierleisten – das war`s eigentlich.

Unser Fazit: Der Nissan Leaf ist ein Elektromobil mit hoher Alltagstauglichkeit. Aufmerksamkeit erregt er nicht – kaum jemand dreht sich nach dem Leaf um und vor der heimischen Garage läuft der Nachbar einfach vorbei. Fahrdynamisch hat man innerstädtisch die Nase vorn und in Sachen Geräuschniveau und damit Fahrkomfort ist er nahezu unschlagbar. Abstriche im Vergleich zu einem konventionellen Antrieb muss man, außer bei der Reichweite, nicht machen. Und 175 km Radius decken bei täglicher Pendelei in das Stadtzentrum Stuttgart immerhin das wöchentliche Pensum aus Ludwigsburg, Remshalden, Filderstadt oder Vaihingen ab. Die Serienausstattung ist umfangreich und bietet sogar Goodies, die andere nicht haben. Bleibt der Preis – was Ihnen die (lokal) emissionsfreie Mobilität wert ist, müssen Sie selbst entscheiden.

Nissan Leaf
Baujahr:    2012
Listenpreis:    36.990,- €
L / B / H:    4,45 / 1,77 / 1,55 m
Leergewicht:    1.642 kg
Zuladung:    323 kg
Gepäckraum:    330 bis 680 Liter
Sitzplätze:    fünf
Antrieb:    Wechselstrom-Synchronmotor
Leistung:    80 kW/ 109 PS
Drehmoment:    280 Nm
Getriebe:    einstufige Automatik
Batteriekapazität:    24 kWh
Spitze:    145 km/h
0 auf 100 km/h:    11,9 Sekunden
Reichweite:    175 km
Effizienzklasse:    A+

Samstag, Mai 04, 2024