SWR Doku Festival: Programm für die zweite Ausgabe steht

Michalina Olzanska als Pola Negri in KRIEG DER TRÄUME Michalina Olzanska als Pola Negri in KRIEG DER TRÄUME Foto: SWR

Festival vom 27. bis 30. Juni in Stuttgart - Im Festivalkino: „Profession Documentarist“ von Shirin Barghnayard und die SWR-Koproduktion „Kulenkampffs Schuhe“ von Regina Schilling

Das SWR Doku Festival bietet auch im zweiten Jahr ein facettenreiches Programm: Die Festivalbesucher und Filmfans erwartet vom 27. bis 30. Juni 2017 im Metropol-Kino Stuttgart die ganze Vielfalt der Dokumentarfilms. Von bereits preisgekrönten Filmen bis zu Nachwuchsproduktionen von Filmhochschulabsolventen. Auch einige Weltpremieren werden gezeigt. Dazu werden die Kinosäle zusammen mit der Doku-Lounge im Haus der Katholischen Kirche durch Publikumsgespräche zu Orten der Begegnung. Regisseure, Produzenten, Redakteure, Studierende und Zuschauer treffen dort aufeinander.

Dokumentarfilmer: Beruf und Berufung?
Am ersten Abend läuft ein Film aus dem Iran mit dem programmatischen Titel „Profession Documentarist“. Die vielfach ausgezeichnete iranische Regisseurin Shirin Barghnayard hat zusammen mit sechs anderen iranischen Filmemacherinnen einen Omnibusfilm gedreht, in dem sie ihre Arbeitsbedingungen im Iran reflektieren. Am gleichen Abend stellt die Regisseurin zusammen mit ihrem Mann, dem Kameramann Mohammad Reza Jahanpanah, auch ihre jüngste Produktion vor, „Poets of Life“.

1 DSC1529Foto: SWRMusikerporträts und Unterhaltungsfernsehen
Erstmals verliehen wird in diesem Jahr ein von der Opus GmbH gestifteter Musikpreis. Unter den nominierten Filmen ist unter anderem „Bunch of Kunst“ von Christine Franz. Der Film zeigt, wie aus dem Punk-Duo Sleaford Mods eine der wichtigsten Bands Großbritanniens wurde. Als Weltpremiere zu sehen ist „Brian Auger – Life on Tour”. Michael Maschke setzt dem englischen Ausnahmemusiker darin ein filmisches Denkmal. Eine weitere Weltpremiere ist der Film „Kulenkampffs Schuhe” von Regina Schilling. So steil es mit der BRD in den 1950er-Jahren bergauf ging, so prächtig entwickelte sich das deutsche Unterhaltungsfernsehen. Die beliebten Showmaster Hans Joachim Kulenkampff, Hans Rosenthal und Peter Alexander gehörten wie der Vater der Regisseurin einer besonderen Generation an: Nach einer Kindheit in der NS-Zeit, von Kriegseinsatz oder Verfolgung emotional nachhaltig gezeichnet, wurden sie nach dem Kriegsende bruchlos eingespannt in das Hamsterrad des Wiederaufbaus.

„Taste of Cement“
Viele von der einen Million Menschen, die von Syrien in den Libanon flüchteten, leben als Arbeiter auf Beiruts Großbaustellen. Die Nächte verbringen sie in einem Kellerloch unterhalb der Baustelle; für sie gilt nach 19 Uhr eine Ausgangssperre. Von der Heimat abgeschnitten, versammeln sie sich jeden Abend vor einem kleinen Fernseher, um Nachrichten aus Syrien zu erhalten. Ziad Kalthoum findet in seinem fein komponierten Film eine beeindruckende visuelle Übersetzung für das Gefühl, ohne die Möglichkeit einer Rückkehr im Exil zu leben.

„A Gravame“
In Anlehnung an den dokumentarischen Neorealismus in Italien, wird in „A Gravame“ von Peter Rippl die Geschichte der Stadt Tarent über die erzählenden Erinnerungen der Menschen lebendig, werden ihre Hoffnungen, der Alltag und der tief verwurzelte katholische Glaube im Schatten der Karwoche sichtbar.

„Waldheims Walzer“
Ruth Beckermann dokumentiert, wie während des Wahlkampfs des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kurt Waldheim um das Amt des österreichischen Bundespräsidenten im Jahr 1986 die Lücken in seiner Kriegsbiografie vom Jüdischen Weltkongress in New York aufgedeckt wurden. Der Film analysiert den Zusammenbruch der österreichischen Lebenslüge, erstes Opfer der Nazis gewesen zu sein. Und er zeigt die Mechanismen der Mobilisierung hetzerischer Gefühle – damals wie heute.

„System Error“
Warum sind Menschen so besessen vom Wirtschaftswachstum obwohl immer klarer wird, dass ewiges Wachstum am Ende schadet? Der Film von Florian Opitz sucht Antworten auf diesen großen Widerspruch und betrachtet den globalen Kapitalismus aus der Perspektive derer, die ihn vorantreiben.

„Wenn Gott schläft“
Im Jahr 2012 veröffentlichte der iranische Musiker Shahin Najafi einen satirischen Rap, der dazu führte, dass Tausende seine Hinrichtung forderten. Radikale Geistliche erließen eine Todes-Fatwa gegen ihn und setzten ein Kopfgeld von 100.000 US Dollar auf ihn aus. Der Fall sorgte für Aufsehen, die nationale und internationale Presse berichtete. Seit seiner Flucht lebt Shahin in Deutschland im Exil. Jedes Mal wenn er die Bühne betritt, steht sein Leben auf dem Spiel.

„König Claus – Peymanns Leben für das Theater“
Einen Tag, nachdem Claus Peymanns Inszenierung „König Lear“ zum letzten Mal im Staatstheater Stuttgart zu sehen ist, zeigt das SWR Doku Festival Andreas Ammers Portrait des streitbaren Regisseurs. Peymann erinnert sich in dem Film auch an seine Stuttgarter Zeit und äußert sich lebhaft zu den gesellschaftlichen Verhältnissen.

Was bleibt von 1968?
Im Programm des Festivals spiegelt sich auch das Jubiläum „50 Jahre 68“. In der Serie „1968 mm“ zeigen Super-8-Aufnahmen das Jahr in all seinen Facetten: Der Protest auf den Straßen, Happenings aber auch Urlaube und gepflegte Sonntagsessen. Die drei Teile erzählen einzigartige Geschichten von Menschen aus der ganzen Welt, die mit ihrer Filmkamera dabei waren und nun ihre privaten Aufnahmen teilen. Produzent Stefano Strocchi und Schnittmeister Christian Timman sind zu Gast bei Dokville und berichten dort über die Entstehung dieser Serie. Auf dem SWR Doku Festival wird auch die Serie „Was war links“ aus dem Jahr 2003 noch einmal gezeigt. Was blieb vom Aufbruch und Protest vor 50 Jahren? Fragen wirft auch der Film „SPK Komplex“ auf. Regisseur Gerd Kroske erzählt eine eher unbekannte Geschichte aus dem Deutschen Vorherbst in den Siebzigern: Die Geschichte des Arztes Wolfgang Huber und seines Sozialistischen Patientenkollektivs SPK. Huber war dagegen, psychisch kranke Menschen nur hinter verschlossenen Türen zu verwahren. In seinem Patientenkollektiv in Heidelberg erprobte er neue Therapiemethoden und formulierte politische Forderungen. Darüber gerieten Huber und andere Mitstreiter erst mit der baden-württembergischen Landesregierung aneinander und mussten sich schließlich vor Gericht verantworten.

„Die Akte Oppenheimer – Das dunkle Erbe antisemitischer Fake News“ / Schulprogramm
Regisseurin Ina Knobloch erzählt in diesem Film die Geschichte des jüdischen Kaufmanns Joseph Süßkind Oppenheimer, der nach einer judenfeindlichen Hetzkampagne 1738 in Stuttgart hingerichtet wurde. Der Film zeigt das erschreckend lange Nachwirken dieser antisemitischen Kampagne bis in die heutige Zeit hinein. Dieser Film ist auch Teil eines ausgewiesenen Schulprogramms auf dem Festival, zu dem unter anderem ein Workshop für Schüler gehört, den der SWR zusammen mit dem Stuttgarter Werkstatthaus anbietet. In „Pocket Doku“ erlernen Kinder und Jugendliche, wie sie ihren eigenen Dokumentarfilm mit dem Smartphone oder dem Tablet drehen und schneiden können. Die Ergebnisse werden dann am Samstag auf großer Leinwand in Kino präsentiert.

Krieg der Träume
Am 28. Juni feiert um 19 Uhr im Metropol 2 die SWR Koproduktion „Krieg der Träume“ Weltpremiere. Die dokumentarische Dramaserie schildert die ereignisreiche Umbruchzeit zwischen den Weltkriegen. Im Zentrum steht das Ringen der Menschen um den besten Gesellschaftsentwurf: Demokratie, Faschismus oder Kommunismus. Die Filmemacher sind vor Ort im Gespräch mit den Zuschauern.

Umfangreiches Begleitproramm
In der SWR Doku Lounge gibt es zudem umfangreiche medienpädagogische Informationen für Eltern. Erstmalig gibt es in der Doku Lounge auf dem SWR Doku Festival unter dem Motto „Voll die Realität“ einen Filmpädagogischen Fachtag. Mit Fachvorträgen und kurzen Praxisberichten wird aufgezeigt, wie dieses Potenzial für den Unterricht eingesetzt werden kann.

Lange Doku Nacht im SWR Fernsehen
Die SWR Doku Nacht, präsentiert von Denis Scheck, startet am 21. Juni um 23:15 Uhr mit dem Film „Lebwohl Gelbes Meer, Hallo Schwarzwald“ (Farewell Yellow Sea). Dieser Film läuft nicht nur im SWR Fernsehen, sondern außer Konkurrenz auch auf dem Festival: Die 23-jährige Qing hat ihr Heimatland China noch nie verlassen und brennt darauf, die Welt zu sehen. Eine Ausbildung zur Altenpflegerin in Deutschland klingt verlockend, doch als sie im Schwarzwald ankommt, prallen Welten aufeinander. Während Qing sich noch wundert, warum Deutsche täglich Brot mit kaltem Fleisch essen, erwartet ihr Arbeitgeber schnelle Integration und das Unterdrücken jeglichen Heimwehs. Für die Senioren wird das ‚flinke Chinesamädle’ unterdessen zur willkommenen Abwechslung im Heimalltag. Um 0:45 Uhr wird der Gewinnerfilm des letzten Jahres „Im Rausch der Daten“ noch einmal gezeigt. Um 2:15 Uhr läuft nochmal „Leyla“ von Asli Özarslan aus der Reihe „Der Junge Dokumentarfilm“.

Das SWR Doku Festival
Das SWR Doku Festival findet im Sommer 2018 zum zweiten Mal statt. Im Programm werden bemerkenswerte Dokus, Porträts, Reportagen, Essays und andere dokumentarfische Formate gezeigt. Im Festivalrahmen findet weiter die Verleihung des „Deutschen Dokumentarfilmpreises“ statt, den der SWR gemeinsam mit der Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg der Norbert Daldrop Förderung, der Opus GmbH und dem Haus des Dokumentarfilms vergibt. Zudem verleiht eine siebenköpfige Leserjury der Stuttgarter Zeitung den „Preis der STZ Leserjury“. Parallel zum SWR Doku Festival findet am 28. und 29. Juni 2018 im Metropol-Kino der vom Haus des Dokumentarfilms ausgerichtete Branchentreff „Dokville“ statt. Gefördert wird das Festival durch das Haus des Dokumentarfilms Europäisches Medienforum Stuttgart e. V., die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Stuttgart, die LFK – Landesanstalt für Kommunikation Baden-Württemberg Anstalt des öffentlichen Rechts, die MFG Medien- und Filmgesellschaft Baden-Württemberg mbH, die Norbert Daldrop Förderung für Kunst und Kultur, die Stuttgarter Zeitung Verlagsgesellschaft mbH, die Opus GmbH und die Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH.

Sonntag, Mai 19, 2024

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