Uni Wheel: Hyundai Motor und Kia zeigen Radnabenantrieb für E-Autos

Das Uni Wheel Drive System Das Uni Wheel Drive System . Foto Hyundai

Großteil der Antriebskomponenten wandern in die Räder +++ Antriebstechnik verbessert Leistung und Reichweite

Antrieb in der Radnabe: Mit dem sogenannten „Uni Wheel“ – dem „Universal Wheel Drive System“ – wollen die Hyundai Motor Company und die Kia Corporation das Design zukünftiger Fahrzeuge und Mobilitätslösungen revolutionieren. Vorgestellt wurde das neue Antriebssystem im Rahmen des „Uni Wheel Tech Day“ im südkoreanischen Seoul. Das „Uni Wheel“ Konzept ist ein integriertes Radantriebssystem, bei dem sich die Hauptantriebskomponenten innerhalb der Radnabe befinden. Dadurch verbessert sich das Platzangebot im Inneren eines Elektrofahrzeugs erheblich. Mit dem “Uni Wheel“ haben Hyundai Motor und Kia eine völlig neue Struktur für das Antriebssystem entwickelt.

So läuft es bisher
Bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor wird die Kraft des Motors über das Getriebe, die Antriebswellen und Gleichlaufgelenke auf die Räder übertragen. Bei Elektrofahrzeugen werden Motor und Getriebe durch einen Motor und ein Untersetzungsgetriebe ersetzt, aber die Art der Kraftübertragung auf die Räder bleibt dieselbe. „Uni Wheel“ eröffnet hier neue Möglichkeiten: Indem das Untersetzungsgetriebe in die Radnabe wandert und ein kompakter Motor in der Nähe jedes Rads platziert wird, wird die Länge der Antriebswellen reduziert und eine flacher Fahrzeugboden ermöglicht.

Vorteil: Mehr Platz
Im Vergleich zu herkömmlichen Antriebssystemen schafft „Uni Wheel“ deutlich mehr Platz im Innenraum und ermöglicht so künftige Mobilitätslösungen, die für unterschiedliche Anwendungen optimiert sind, wie zum Beispiel Spezialfahrzeuge (“Purpose Built Vehicles“). „Wir freuen uns, innovative Ideen vorstellen zu können, die den Markt für die Mobilität der Zukunft verändern könnten“, sagte Jongsool Park, Senior Fellow am Institute of Advanced Technology Development der Hyundai Motor Group. „Wir werden die Technik perfektionieren, damit unsere Kunden Mobilität auf eine völlig neue Art und Weise erleben können.“

Neue Technologien für die Mobilität der Zukunft
Die jüngsten Fortschritte in den Bereichen Elektrifizierung, autonomes Fahren und Konnektivität machen aus Mobilitätsprodukten Lebensräume. Hyundai Motor und Kia konzentrieren sich bei der Entwicklung zukünftiger Fahrzeugarchitekturen auf eine bessere Raumausnutzung, um den Mehrwert für Kunden weiter zu steigern und den Besitzern ein noch besseres Produkterlebnis bieten zu können. Bei „Uni Wheel“ kommt eine spezielle Planetengetriebekonfiguration zum Einsatz, die aus einem Sonnenrad in der Mitte, vier Ritzeln auf jeder Seite und einem umlaufenden Hohlrad besteht. Die vom Motor erzeugte Energie wird auf das Sonnenrad übertragen, welches über die Ritzel dann das Hohlrad dreht. Dieses ist mit dem Rad verbunden und treibt das Fahrzeug an.

Lange Lebensdauer
Die Ritzel des „Uni Wheel“ sind miteinander verbunden. Aus dieser Verbindung ergibt sich ein Multi-Link-Mechanismus, der eine mehrachsige Bewegung des „Uni Wheel“ erlaubt und verschiedene Arten der Radaufhängung ermöglicht. Ein herkömmliches Antriebssystem mit einem normalen Gleichlaufgelenk verliert mit der Zeit an Effizienz und Haltbarkeit, da die Biegung der Antriebswelle bei Fahrten über unebene Untergründe zunimmt. Bei „Uni Wheel“ hingegen bleibt die Kraftübertragung unabhängig von der Radbewegung nahezu unverändert, was eine lange Lebensdauer und einen hohen Fahrkomfort gewährleistet.

Wenn das Fahrzeug über eine elektronische Luftfederung verfügt, kann die Fahrhöhe angehoben werden, um das Fahrzeug auf unebenen Straßen zu stabilisieren, oder bei hohen Geschwindigkeiten verringert werden, um Leistung und Stabilität zu verbessern.

Bessere Möglichkeiten der Drehmomentverteilung
Durch die Verlegung des Untersetzungsgetriebes in die Radnabe und das hohe Untersetzungsverhältnis liefert „Uni Wheel“ ein hohes Drehmoment. Dadurch kann ein kompakterer Elektromotor eingesetzt werden. Weil bei „Uni Wheel“ bis zu vier effiziente elektrische Antriebseinheiten einzeln gesteuert werden, eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten bei der Drehmomentverteilung. Dies hebt die fahrdynamischen Eigenschaften auf ein neues Niveau und sorgt für ein hohes Maß an Lenk- und Fahrstabilität.

Aber: Kein Vorteil ohne Nachteil
So interessant die Verlegung wesentlicher Teile der Antriebstechnik in die Räder auch sein mag, hat dieses Konzept natürlich auch mindestens einen Nachteil: Durch die Integration der Motoren in die Antriebsräder steigt deren Gewicht erheblich. Und je schwerer ein Rad, desto schlechter ist sein Handling, denn das höhere Gewicht der ungefederten Massen machen es deutlich behäbiger. Übersetzt auf den PKW und bis zu vier vergleichsweise schwere Räder mit integrierten Motoren kann man davon ausgehen, dass eine sportlive Fortbewegung mit diesem Konzept nicht drin sein wird. Was nicht heißt, dass es nicht auch viele Fahrzeugkonzepte gibt, die zu Recht keinerlei Anspruch auf Sportlichkeit haben und haben wollen.

Mehr Platz im Innenraum
Eines ist unbestreitbar: „Uni Wheel“ schafft Platz. Dank dieses Konzepts entsteht im Fahrzeug ein Raum, der den Nutzern bisher nicht zur Verfügung stand. Weil viele Antriebskomponenten in die Radnabe wandern und der Elektromotor kleiner wird, ohne an Leistung einzubüßen, kann der freigewordene Platz als zusätzlicher Laderaum genutzt werden, beispielsweise als größerer Kofferraum oder als „Frunk“ unter der Motorhaube. Im Hinblick auf vollautonomes Fahren sind auch neue Sitzkonfigurationen und Aufteilungen des Innenraums möglich – inklusive einer Abkehr vom konventionellen, auf den Fahrer ausgerichteten Design. Wird der freigewordene Raum für den Einbau einer größeren Batterie mit mehr Kapazität genutzt, erhöht sich die Reichweite, ohne dass das Fahrzeug größer wird.

Die Entwicklungen, die durch „Uni Wheel“ möglich werden, vergrößern auch den Raum für die Fahrgäste erheblich. Die Batterien von Elektroautos sind in der Regel tief in der Karosserie untergebracht, was das Anheben der Fahrzeughöhe erfordert und das Platzangebot im Fahrgastraum beeinträchtigt. „Uni Wheel“ optimiert hingegen die Integration der Batterie und minimiert damit den Verlust an Platz im Innenraum.

Potential für Spezialfahrzeuge
Dies ist besonders für Spezialfahrzeuge wichtig, die einen flachen Boden besitzen, um möglichst viel Platz im Innenraum anbieten zu können. Der durch „Uni Wheel“ ermöglichte flache Boden bietet eine hohe Flexibilität und Skalierbarkeit für Spezialfahrzeuge und lässt je nach gewünschter Nutzung die Entwicklung verschiedener Karosserietypen zu. „Uni Wheel“ ist hoch flexibel und lässt sich leicht an alle Arten von E-Fahrzeugen anpassen, einschließlich normaler Pkw und elektrischer Hochleistungsfahrzeuge, da das System die gleichen Funktionen für Antrieb und Untersetzungsgetriebe implementieren kann wie bei herkömmlichen E-Fahrzeugen.

Neben Fahrzeugen verschiedener Größen kann „Uni Wheel“ auch bei anderen Arten von Mobilitätshilfen wie Rollstühlen, Fahrrädern und Lieferrobotern eingesetzt werden. Das System ist skalierbar und ist mit Radgrößen von 4 bis 25 Zoll oder mehr einsetzbar. Durch die Fähigkeit, die Rotationsachse des Rades zu verschieben, sind zudem Mobilitätshilfen möglich, die Treppensteigen so einfach erscheinen lassen wie Rolltreppenfahren. Die Stabilität, Effizienz und Haltbarkeit von „Uni Wheel“ wird kontinuierlich in verschiedenen Tests geprüft. Hyundai Motor und Kia arbeiten daran, die Entwicklung des Systems zu perfektionieren und die Effizienz durch Anpassung des Untersetzungsverhältnisses und eine Verbesserung des Schmier- und Kühlsystems zu steigern. Hyundai Motor und Kia haben für „Uni Wheel“ acht Patente in Südkorea, in den USA und in Europa angemeldet und registriert.

Montag, April 29, 2024