Glücksbringer wirken anders als gedacht

Glücksbringer wirken anders als gedacht Foto: TÜV Nord

Am Autoschlüssel hängt ein Talisman, auf der Rückbank wacht ein Teddybär: So hoffen viele Menschen, Unglück fernzuhalten. Funktioniert das?

Haben Sie im Auto einen Talisman dabei, vielleicht ein Plüschtier oder einen kleinen Schutzengel? Solche Glücksbringer können tatsächlich wirken – wenn auch nicht auf magische Weise, wie der Psychologe Klaus Peter Kalendruschat von TÜV NORD erklärt. So besitzt fast jeder fünfte Erwachsene in Deutschland einen Glücksbringer, ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Gothaer Versicherung vor fünf Jahren. Meist handelt es sich dabei um ein Schmuckstück, ein Kuscheltier oder einen Schutzengel. Ein knappes Drittel der Befragten gab an, zumindest etwas abergläubisch zu sein.

Aberglaube: Ziemlich verbreitet
Aberglaube beruht auf "magischem Denken: den Glauben an Phänomene, die sich mit dem wissenschaftlichen Weltbild nicht vereinbaren lassen", erklärt der Psychologe von TÜV NORD. "Wir alle neigen ein wenig dazu. Wir suchen ständig nach Zusammenhängen zwischen Ereignissen, auch dort, wo es eigentlich keine gibt."  Ursache und Wirkung zu erkennen, verschaffte unseren Vorfahren einst einen Überlebensvorteil. Bei der Suche nach solchen Zusammenhängen entsteht allerdings auch Aberglaube. Verzerrungen im menschlichen Denken sorgen dann dafür, dass sich Aberglaube scheinbar immer wieder bestätigt. "Wir nehmen bevorzugt das wahr, was unserer Meinung entspricht, und speichern Zufallstreffer im Gedächtnis als Bestätigung ab", erläutert Psychologe Kalendruschat. "Über Gegenbeweise sehen wir hinweg."

TUEV Nord Gluecksbringer Grafik: TÜV NordGlücksbringer steigern Selbstvertrauen
Noch dazu wirkt ein Glücksbringer wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Er kann dem Glück also tatsächlich auf die Sprünge helfen, wie die Psychologin Lysann Damisch und ihr Team von der Universität zu Köln in einer Reihe von Experimenten demonstrierten. Zum Beispiel schnitten ihre Versuchspersonen, wenn sie einen Glücksbringer mitbringen sollten, bei einem Gedächtnistest besser ab als eine Kontrollgruppe ohne Glücksbringer. Mit übersinnlichen Kräften habe das aber nichts zu tun, sondern mit der Macht der positiven Erwartung, berichtet die Forschungsgruppe. Der Glücksbringer habe zu mehr Selbstvertrauen und Durchhaltebereitschaft verholfen.

Zweischneidiges Schwert
Der Psychologe Donald Saucier von der Kansas State University sieht Glücksbringer gerade deshalb skeptisch, weil sie ein Gefühl von Sicherheit und Kontrolle vermitteln. Aus Studien mit rund 900 Versuchspersonen schlossen er und sein Team, dass hinter Aberglauben die Überzeugung steckt, dass das Leben mehr von Zufall oder vom Schicksal abhängt als vom eigenen Tun. Und wer unkontrollierbare Kräfte am Werk sehe, suche eher Schutz im Aberglauben, anstatt sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Ein falsches Gefühl von Sicherheit verleite im Straßenverkehr womöglich dazu, weniger vorausschauend zu fahren, befürchtet auch Klaus Peter Kalendruschat von TÜV NORD. Dennoch könne ein Glücksbringer positive Kräfte entfalten – ganz ohne Magie, wie der Psychologe betont: "Zum Beispiel, wenn er uns an einen lieben Menschen erinnert, der uns braucht. Dann verhalten wir uns am Steuer vielleicht etwas vorsichtiger."

Samstag, Mai 18, 2024