“Alles Ist Gut” - oder nicht?

"Wohin?" "Wohin?" Foto: Felix Aliberti

Uli Schmidts erste virtuelle Ausstellung, ein Meilenstein in der Entwicklung dieses ungewöhnlichen Künstlers, ist ab dem 29.11.2020 online.

Spezielle Zeiten bedürfen spezieller Maßnahmen und so findet die neue Ausstellung des Stuttgarter Künstlers Uli Schmidt natürlich rein virtuell statt. Wir durften sie vorab sehen und mit dem Künstler sprechen - Sie können die Online-Ausstellung ab dem 29.11.2020 17:00 Uhr unter www.uli-schmidt-paintings.com besuchen.

Alles Ist Gut?
Die Bilder in der Ausstellung “Alles Ist Gut” zeigen Menschen im Alltag, in Beziehung zueinander, aber  die Personen in seinen Bildern wirken  wie hingestellt. Die Stellung, die Beziehung zueinander ist oberflächlich eindeutig, und doch subtil uneindeutig. Über die alltäglichen, fast biedermeierlich anmutenden Szenen legt sich ein Gefühl des Gefährdetseins.

Die Vorhölle ist bunt
Die Farbwahl ist bunt, vordergründig fröhlich, rot, himmelblau, schwarz. Die Farbigkeit erzeugt aber keine Freude beim Erlebenden, die Farben sind knallig, zu bunt. Durch die grellen Kontraste erscheinen die Bilder fast wie durch einen Filter gezogen, verfärbt, angemalt, die Atmosphäre der Bilder wird durch die poppigen Farben  paradoxerweise eher düster. Auch hier gilt: die Dosis macht das Gift und das zuviel an Farbe bewirkt eine Leblosigkeit, Entrücktheit, Düsternis. Die überbordende Farbigkeit lässt den Betrachter fast schaudern, Assoziationen von Kälte, Grauen, Tod drängen sich auf. 

Die enge Umarmung der Beziehungslosigkeit
Uli Schmidt bezieht Stellung und diese Stellung ist die absolute Uneindeutigkeit. Alles Ist Gut. Ist Gut Alles? In einer Welt, in der die grundlegenden Dinge nicht mehr sicher sind, werden auch grundlegende zwischenmenschliche Gegebenheiten zu Verhandlungsmasse.  Werden wir morgen noch atmen? Wirst Du meine Luft atmen, ich Deine Luft, und was wird das bedeuten? Liebe oder Tod?

Wo Grenzenlosigkeit herrscht kann es auch keine Beziehung geben. Denn Beziehung braucht Maß. Und das menschliche Maß ist in den Bildern in Frage gestellt. Es gibt auch keine eindeutige Beziehung zum Raum, zur Zeit oder zur Umgebung,  in der die Szenerien stattfinden.

Rückzugsort Familie?
Bei “Engelchen Flieg” sieht der Ausstellungsbesucher ein Paar in altmodischer Kleidung, das sein Kind zum Spaß fliegen lässt,  oder ist es doch ein Paar Clowns, denen das Kind gerade aus den Händen gleitet? Auch in den "Familienbildern" sind die Protagonisten der Familie auf sich gestellt, isoliert voneinander, gefangen in einer Individualität, die sich immer und immer wieder  zu wiederholen scheint, kein Anfang und kein Ende.

Wo ist der Himmel, wo die Hölle?
“Frau”, “Himmel”, “Im Boot”. Hier wird auch die räumliche Beziehung uneindeutig. Oben, unten, vorne, hinten, groß, klein, innen, außen,  nichts scheint mehr sicher,  alles verhandelbar, beliebig.
Was ist das für eine Gestalt im Bild “Frau”? Eine Statue, eine beleuchtete Figur, eine Frau die durchs Feuer geht, schwebt die Person, steht sie,  geht sie? Im Bild “Himmel” scheint sich ein Spalt nach oben zu öffnen.  Oben laufen Personen herum, oder handelt es sich hier um bedrucktes weißes Verpackungsmaterial am Boden? Geschieht im Bild “Im Boot” gerade ein grauenhaftes Drama, werden die Flüchtlinge vom dunklen Meer verschlungen oder  ist das Dunkel ein Schutz, dem die Menschen entrissen werden, ausgesetzt in das grelle Licht eines Scheinwerfers?

Und wenn der Weg das Ziel ist?
Eins haben die Menschen auf Uli Schmidts Bildern gemeinsam: sie sind auf der Wanderung, gehen zielstrebig vorwärts, den Weg oder das Ziel scheinen sie aber nicht zu kennen, was sie aber nicht aufhält, sie gehen immer weiter,  ohne echte Verbindung untereinander, irgendwie auch in sich ruhend, selbstzufrieden, ohne Zweifel in einer Umgebung die zweifelhafter nicht sein könnte. Man möchte ihnen zurufen: Hallo gehts noch, schaut Euch um, zweifelt doch mal. Eine schaut sich um im Bild “Wanderer III”, doch auch das Umsichschauen geschieht in einer heroischen Pose, posierend. Immernoch kein Zweifel.

Dreh Dich nicht um...
Wer Ulrich Schmidt kennt, weiß dass er ein sehr umsichtiger Mensch ist, konsequenter Klimaaktivist seit Jahrzehnten, Naturwissenschaftler, Familienmensch, treuer Freund, gleichzeitig ein Suchender, Zweifler im besten Sinne. Auch ein Beschützer, Bewahrer, einer der immer versucht einen gangbaren Weg zu finden für seine Umwelt, für die Natur, fürs Klima. Und das ist das, was er uns mit seinen Bildern zuzurufen scheint:  Bitte, schaut Euch um! Gibt es bei Euch in Eurer knallebunten Welt, in dieser Beliebigkeit, in dieser Welt ohne Perspektive, ohne Grenzen noch ein Maß? Seht Ihr irgendwo Grenzen, Verbindungen, Abstufungen, Beziehungen. Bitte schaut Euch einmal um.

Der Plumpsack geht um....
Und Uli Schmidt weiss es als Wissenschaftler, Beobachter der jetztigen kleinen menschengemachten durch Covid 19 verursachten Katastrophe und der mit der Klimaänderung auf uns zukommenden viel grösseren Naturkatastrophe, und wir wissen es ja alle: noch ist so ziemlich alles gut, bald ist es zu spät. Vielleicht sollten wir uns umschauen?

Also, vorbeischauen!
29.11.2020, um 17:00 Uhr unter www.uli-schmidt-paintings.com.

 

Donnerstag, März 28, 2024

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